Elisabeth Florin: Commissario Pavarotti spielt mit dem Tod

Kann ein Ort wirklich das Böse anziehen?

Der Einstieg in diesen Krimi fiel mir nicht leicht. Es ist bereits der dritte Band einer Serie um den italienischstämmigen Meraner Commissario Luciano Pavarotti und seine deutsche Bekannte Lissie von Spiegel, die ihm hobbymäßig bei seinen Ermittlungen zur Seite steht, und die Kenntnis der Vorgängerbände hätte das Verständnis deutlich einfacher gemacht. So kam ich mir manchmal vor wie Lissie, die nach einem Kopfschuss am Ende des Vorgängerbandes, ein Missgeschick Pavarottis, zu Beginn dieses dritten Bandes mit einer retrogaden Amnesie, also vollkommen ohne Erinnerung an die letzten Jahre, aus dem Krankenhaus entlassen wird. Nichtsdestotrotz möchte Lissie dem Commissario auch dieses Mal bei seinen Ermittlungen helfen, auch wenn sie nicht weiß, in welchem Verhältnis sie eigentlich zueinander stehen, und sie eigentlich auf der Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit ist.

Der aktuelle Fall ist eigentlich ein „cold case“ aus den Anfangsjahren von Pavarottis Polizeikarriere. Beim Abbruch eines Hauses im Dorf Katharinaberg wird ein Kinderskelett gefunden. Es klärt nach 20 Jahren einen Vermisstenfall, bei dem nach Pavarottis Meinung schlampig ermittelt wurde und dessen Bilder ihn seit damals verfolgen. Nach dem Verschwinden des dreijährigen Johannes brachte die Mutter ihren Mann, den sie entgegen den Ermittlungen der Polizei für schuldig hielt, um und nahm sich selbst das Leben.

Mit dem Fund des Skeletts wird der Fall neu aufgerollt. Der Junge wurde erwürgt, nachdem man ihm über längere Zeit Arsen verabreicht hatte. Pavarotti möchte keinesfalls ein zweites Mal versagen, auch wenn die Bewohner von Katharinaberg dem „walschen“ Commissario und seiner deutschen Begleiterin gegenüber alles andere als mitteilsam sind. Die düstere Atmosphäre des Dorfes und seiner Bewohner und die Mauer des Schweigens durchziehen den Krimi wie ein roter Faden und im Laufe der 363 Seiten traut man fast allen den Mord zu.

Elisabeth Florin hat einen Südtirolkrimi geschrieben, der zwar keine locker-flockige Urlaubsstimmung ausstrahlt, aber dafür sehr atmosphärisch, gut konstruiert, durchgehend spannend und stilistisch sehr ansprechend ist. Statt Wandertipps und regionaler  Spezialitäten serviert sie eine originelle Krimihandlung mit einer genialen Auflösung und ein facettenreiches, ungleiches Ermittlerpaar. Dass der Krimi auf der Südtiroler Bestenliste unter den Top 10 steht, adelt ihn zusätzlich und zeugt davon, dass hier eine Kennerin der Region am Werk war, die mehr über Südtirol weiß, als im Reiseführer nachzulesen ist.

Probleme hatte ich mit der Plausibilität von Lissies Amnesie und mit der Person des jungen Pfarrers. Meine anfänglichen Verständnisprobleme werde ich jedoch einfach dadurch beheben, dass ich recht bald die beiden Vorgängerbände lese und natürlich auch den nächsten Band, denn listigerweise hat die Autorin in Bezug auf Lissies Vergangenheit und ihrer Beziehung zu Pavarotti genug Fragen offengelassen, dass man unbedingt weiterlesen möchte.

Elisabeth Florin: Commissario Pavarotti spielt mit dem Tod. emons 2016
www.emons-verlag.de

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